Ein Holländer in Benz -
die alte Windmühle
Ein Holländer in Benz -
die alte Windmühle
Aus dem Jahre 1823 datiert ein „Situationsplan“, aufgenommen vom Königlichen Regierungs-Conducteur Gadebusch. Er zeigt das Grundstück des Bauern Peters aus Benz mit der darauf befindlichen Windmühle holländischer Bauart. Ob dieser Plan Bestandteil der Antragsunterlagen zum Bau der Mühle war, ist ungewiss, jedoch zu vermuten.
Im Zuge der preußischen Staatsreformen unter Friedrich Wilhelm III. war 1812 mit dem Edikt zur Gewerbefreiheit der Zunftzwang und somit auch die so genannte „Zwangsmahlgerechtigkeit“ abgeschafft worden. Dies hatte zur Folge, dass die Bauern nicht mehr an eine bestimmte Privilegialmühle gebunden waren. Aus diesem Grund konnte im Prinzip jeder, der über die notwendigen Voraussetzungen verfügte, eine Mühle bauen und betreiben. Bauer Peters muss diese Voraussetzungen gehabt haben. Allerdings wurde er recht schnell auf den harten Boden des neuen Wettbewerbs zurückgeholt. Am 19.12.1828 verkaufte er die Mühle an den Bauern Maschke, der sie jedoch schon im folgenden Jahr an den Bauern Karl Mau weitergab.
Müller Jahnke
Dieser kam mit dem Mahlbetrieb aber auch nicht zurecht. Deshalb war er sicherlich froh, das Bauwerk im Jahre 1834 an den Zimmermann Johann Friess verkaufen zu können. Am 12.4.1837 schließlich begann die Ära, die bis zur Einstellung des Mahlbetriebs im Jahre 1972 nicht unterbrochen werden sollte: mit dem Müller Wilhelm übernahm der erste der sieben Jahnke-Müller den Betrieb. Ihm folgten Friedrich, Carl, Johann, Willi, Julius und schließlich, am 29.4.1937, Werner Jahnke.
Die Dynastie der Jahnkes muss in Benz immer eine fortschrittliche Rolle verkörpert haben. Ständig wurde die Innenausstattung der Mühle umgebaut und an die Bedürfnisse der Mahlgäste angepasst. Nach der Erschließung des Dorfes mit Elektroenergie war die Mühle auch eines der ersten Gebäude mit Stromanschluss.
Danach wurde das Innenleben völlig umgestaltet: die mächtige, vom Wind angetriebene Königswelle, verantwortlich für die Kraftübertragung von der Flügelwelle zu den einzelnen Böden, wurde entfernt und schuf dadurch Platz für Elevatoren und Transmissionen. Anfangs sollen die pommersch-konservativen Benzer Landwirte dem Treiben argwöhnisch gegenüber gestanden haben. „Dat elektrisch Mehl, dat fräten wi nich!“ hatte einer von ihnen geäußert. Jedoch war der Fortschritt nicht aufzuhalten. Durch die ständige Verfügbarkeit des Antriebs konnte der Mahlvorgang viel kontinuierlicher gestaltet werden und der alte Leitsatz „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ verlor etwas an Bedeutung. Darüber hinaus wurden die Mühlenflügel nicht mehr gebraucht und eine große Sorge der Windmüller, die Sturmanfälligkeit der 22 m langen Ruten, wurde hinfällig. Jahnkes betrieben in Benz neben einer großen Landwirtschaft auch eine Dampfbäckerei - ein zu damaliger Zeit modernes Unternehmen.
Im Zuge der Kollektivierung der Landwirtschaft in der DDR nach dem 2. Weltkrieg verlor die Benzer Mühle an Bedeutung. Mehl, Grieß und andere Mahlprodukte wurden wirtschaftlicher und in großen Mengen in der Usedomer Stadtmühle produziert. Eine weitere Konkurrenz bildete die Tonn´sche Elektromühle in Neppermin. In Benz wurde deshalb hauptsächlich Schrot und Futter für den verbliebenen Eigenbedarf der Bauern hergestellt.
Im Jahre 1972 verstarb der letzte Müller der Benzer Mühle, Werner Jahnke. Der Mahlbetrieb war bereits ein Jahr vorher vollends zum Erliegen gekommen und die Witwe, Ruth Jahnke, musste über den weiteren Fortbestand der Mühle entscheiden. Sie lehnte Pläne, die den Umbau zur Gaststätte oder als Ferienobjekt zum Inhalt hatten, ab und veräußerte das Bauwerk mit dem dazugehörigen Grund und Boden im Jahre 1974 an den in Lüttenort bei Koserow lebenden Maler-Professor Otto Niemeyer-Holstein. Dieser hatte im gleichen Jahr den Nationalpreis für Kunst bekommen und sah sich in der Lage, dringend notwendige Erhaltungsarbeiten zu veranlassen. Darüber hinaus sorgte Niemeyer-Holstein für eine komplette Neubeschindelung aus ca. 28 000 Buchenschindeln, ließ eine Holzschutzbehandlung durchführen und neue Mühlenflügel anbringen. Außerdem wurde das Gebäude auf seinen Antrag hin unter Denkmalschutz gestellt. Jetzt wurde der Holländer wieder verstärkt beliebter Anziehungspunkt für Touristen und Künstler aller Coleur. Unzählige Maler, Fotografen und auch Filmleute beschäftigten sich mit dem Motiv auf dem Berg über Benz. Insbesondere Sabine Teubner, Malerin und Bildhauerin aus Berlin, nutzte die Mühle noch weit über den Tod Otto Niemeyer-Holsteins hinaus als Sommer-Refugium und inspirierenden Arbeitsplatz. Hier entstanden etliche Skulpturen, von denen einige noch heute auf dem Mühlenplatz ausgestellt sind.
Professor Niemeyer-Holstein verfügte in seinem Testament, dass die Mühle als technisches Denkmal erhalten werden sollte und gab sie dafür in die öffentliche Hand. Seitdem gehört sie der Gemeinde Benz. Diese wiederum schloss mit dem zwischenzeitlich gegründeten Verein Kulturmühle Benz e. V. einen langfristigen Nutzungsvertrag ab. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, regionale Kunst und Kultur zu fördern. Hauptanliegen ist es jedoch, die alte Windmühle zu erhalten und schrittweise wieder herzustellen. Dabei konnten bereits beträchtliche Fortschritte erzielt werden. So wurden die komplette Haube und die Windrose nach einem Sturmschaden wieder hergestellt. Die 240 qm Außenhaut des Schaftes wurden mit widerstandsfähigen Eichenschindeln eingedeckt und im Dezember 2002 wurden schließlich neue, nach alten Vorlagen hergestellte Flügel angebracht.
Während des Jahres 2010 erfolgte die Komplettsanierung des Kappenkranzes, wobei auch gleichzeitig Verbesserungen an der Mechanik der Windrose vorgenommen wurden. Damit ist die Mühle im Außenbereich vorerst wieder hergestellt und zeigt sich dem Besucher in ihrer charakteristischen, 1910 von Feininger gemalten Silhouette. Tausende von interessierten Besuchern finden sich in jeder Saison zwischen Frühling und Herbst auf dem Mühlenberg ein, um das Denkmal zu besichtigen, einen Imbiss im „Backhaus“ zu nehmen oder einfach in der wunderbaren Stimmung des Mühlenareals zu entspannen.
© Kulturmühle Benz e. V., i-Mehl: info@muehle-benz.de
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ACHTUNG:
Aus organisatorischen Gründen gelten geänderte Öffnungszeiten.
Öffnungszeiten Mühle:
April bis Oktober
So. und Mo. Ruhetage
Di. bis Sa.10 – 17 Uhr
Wetterbedingte Schließungen bleiben vorbehalten. Nach Anmeldungen per E-Mail sind auch individuelle
Absprachen und Führungen möglich.